München, 10.11.2023

Lebensmittel- und Getränkebranche: Trendradar 2024

Was sind die angesagten Themen im Bereich Lebensmittel- und Getränke im Jahr 2024? Auf einer Skala von 1-10: Welche Trends scheuchen die Player aus ihrer Komfortzone, welchen „Impact“ haben sie auf die Branche?


Dr. Jerome Honerkamp, Leiter Konsumgüter & Handel bei Dr. Wieselhuber & Partner (W&P), wagt eine Prognose – im Trendradar 2024.

Steigender Ergebnisdruck: Kosten anpassen – aber richtig! IMPACT 10
Die gestiegenen Rohstoffpreise im Jahr 2023 zwangen viele Hersteller aus dem Bereich Lebensmittel & Getränke zu Preisanpassungen, die von den Einzelhändlern nicht gerade wohlwollend aufgenommen wurden. Dies führte in einigen Fällen sogar zu Auslistungen, wie zum Beispiel von Kellogg bei Edeka und REWE. Besonders die Discounter Aldi und Lidl haben jüngst angedeutet, ihre Preise zu reduzieren, was wiederum den Druck auf Edeka und REWE erhöht. Für das Jahr 2024 planen viele Hersteller ihre Kosten zu reduzieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein Beispiel ist Unilever, das eine Konzentration auf 30 Kernmarken und weitere Kostensenkungsinitiativen anstrebt. Alle Player sollten ihre Kostenstrukturen objektiv hinterfragen, um die Ertragssituation für die kommenden Jahre auf ein solides Fundament zu stellen. Professionelle Kostensenkungsprogramme stellen sicher, dass sowohl die notwendigen Ergebnisverbesserungen zeitnah realisiert als auch langfristige Erfolgsfaktoren gesichert werden. Wie „hart“ der Kostensenkungs-Kurs aussehen muss, entscheidet die individuelle Ergebnis- und Finanzierungs-Situation des Unternehmens.

Strategie in unsicheren Zeiten: Raus aus der „Schockstarre“! IMPACT 9
Die Herausforderungen aus externen Einflussfaktoren wie Ukraine-Krieg, die Lage in Nahost, Lieferkettenprobleme, Inflations-/Preis- und Zinsentwicklungen bleiben auch im Jahr 2024 dynamisch und bestimmen das teils zaghafte strategische Vorausdenken und Handeln vieler Manager in der Lebensmittelbranche. Vielmehr ist die geeignete Antwort auf unsichere Zeiten ein professioneller und agiler Strategieansatz. Dieser ist geprägt durch das Denken und Handeln in Szenarien, durch flexible Strategieanpassungen, um neue Chancen und Risiken zu berücksichtigen sowie durch ein Maßnahmen-Mix, das von Kostenoptimierung bis zum Eingehen von strategischen „Experimenten“ reicht. Für proaktive Player – gleich ob aus dem Bereich Molkerei, Fleisch, Süßwaren, Agrarerzeugnisse oder Getränke– eröffnen sich damit die Chance, die Unsicherheit zu nutzen und daraus mit einer gestärkten Wettbewerbsposition hervorzugehen.

Nachhaltigkeit/ESG: Gesetzliche Anforderungen beachten! IMPACT 8
Während es bisher hauptsächlich sehr große Unternehmen waren, die zur Abgabe von Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet wurden, ändert sich die Gesetzeslage: auch der breite Mittelstand muss künftig entsprechende Nachweise erbringen und Berichte anfertigen. Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) sieht vor, dass in Abhängigkeit von Bilanzsumme, Umsatz und Anzahl Mitarbeitende ca. 15.000 Unternehmen (statt der bisherigen ca. 500) in Deutschland berichtspflichtig werden. Konkretisierend bestimmt die Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS (European Sustainability Reporting Standards) die Themen, die unternehmensindividuell in Nachhaltigkeitsstrategie und -bericht miteinzubeziehen sind. Viele Unternehmen nehmen dies jetzt zum Anlass, um konsequent in das Thema Nachhaltigkeit einzusteigen. Über die reine Erfüllung der Reporting-Anforderungen („die Pflicht“) hinaus besteht der Anspruch, mit der Nachhaltigkeitsstrategie echte Mehrwerte für das eigene Unternehmen und seine Kunden zu schaffen und Wettbewerbsvorteile zu generieren („die Kür“). Eine Aufgabe die sich für jedes Unternehmen anders und alles andere als trivial darstellt, aber erhebliche Potenziale verspricht.

Reorganisationsmaßnahmen: in vielen Unternehmen überfällig! IMPACT 8
Die Rahmenbedingungen in der Lebensmittelbranche waren und sind geprägt von permanentem „Brände löschen“ und der Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit. Unternehmen mussten irgendwie funktionieren und nur wenige haben ihre Organisationen systematisch angepasst. Jetzt stellen viele Food- und Beverage-Unternehmen fest: Es ist zu viel Sand im Getriebe, Reorganisationsmaßnahmen sind überfällig. Die zentralen Handlungsfelder sind die Aufbau- und Ablauforganisation, die dahinterliegenden Prozesse, Steuerungssysteme/KPIs und Datenmanagement sowie die Weiterentwicklung hinsichtlich Führung & Unternehmenskultur. Egal, ob ganzheitlich oder modular – Organisationsthemen sollten strukturiert, faktenorientiert und mit dem notwendigen „Fingerspitzengefühl“ angegangen werden. Die Organisation muss wieder Motor der Strategie werden und die Performance stützen und treiben.

Künstliche Intelligenz: Ausprobieren und lernen! IMPACT 7
Jüngst hat es Coca-Cola mit dem Launch eines neuen Getränks, „Coke Y3000 Zero Sugar“ vorgemacht. Die neue Coke-Sorte wurde gemeinsam mit menschlicher und künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt. Auch in Deutschland gibt es erste Lebensmittelhersteller die sowohl bei der Rezepturerstellung als auch bei der Weiterentwicklung der Vertriebsstrategie auf Wissensmodellierung, Mustererkennung bei Trends und maschinelles Lernen zurückgreifen. KI bietet für die Lebensmittel- und Getränkebranche entlang der kompletten Marketing-Mix Aktivitäten vielfältige Chancen, die unternehmensspezifisch bewertet und entwickelt werden müssen. Die Bandbreite reicht dabei von Sortiment & Pricing, über Vertrieb, Vermarktung & POS bis hin zu Personal &Prozessen. Um die Möglichkeiten der Vielzahl an Tools und Features in den verschieden Anwendungsfällen zu überblicken und die „richtigen“ Tools zu identifizieren, sollte ein strukturierter Ansatz gewählt werden. Jetzt Potenziale erkunden und starten

Alternative Proteine: Der Hype ist vorbei, und nun? IMPACT 7
Der Hype ist vorbei, Start-ups in dem Bereich melden Insolvenz an und Risikokapitalgeber sind scheu geworden. Konkret sind die Wiederkaufsraten bei Produkten aus Alternativen Proteinen oftmals gering, ob der unzureichenden geschmacklichen und textuellen Schwachpunkte der Produktalternativen. Hinzu kommt, dass in den vergangenen 24 Monaten Handelsmarken das Segment für sich entdeckt haben und somit Fleisch- und MoPro-Alternativen den (Preis-)Kampf angesagt haben. Seit Oktober 2023 preist Lidl Deutschland alle tierischen und alternativen Produkte identisch – im gleichen Regal. Um in dieser Gemengelage bestehen zu können, ist Produktinnovation der wichtigste Hebel, um am Markt Relevanz zu beweisen – dies kann und sollte in Kooperation mit anderen Unternehmen der Branche forciert werden.
 
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