W&P Kommentar
München, 03.03.2020

Thinking beyond - neue Wege im New Business

von Dr. Dirk Artelt und Dr. Stephan Hundertmark, Mitglieder der Geschäftsleitung
Dr.-Ing. Dirk Artelt
Managing Partner 
Dr. Stephan Hundertmark
Partner 

Wachstum mit dem Markt oder über Verdrängung von Wettbewerbern durch schnelleres Wachstum als der Markt. Diese zwei Ziele sind Teil strategischer Planungen in Unternehmen. Der größte Wachstumshebel über neue Geschäfte wird dabei jedoch meist nicht verfolgt. Zum einen liegt die Weiterentwicklung bestehender Produkte und die Bearbeitung der angestammten Kundenbasis näher als die Expansion oder Diversifikation in neue Geschäftsfelder. Zum anderen fehlt oftmals schlicht das Wissen über einen pragmatischen Ansatz, um neue Geschäfte zu identifizieren und gezielt zu entwickeln.

Kreativität und Systematik sind die zwei wesentlichen Zutaten für die Entwicklung von Neugeschäften. Dies gilt gleichermaßen für kompetenzbasierte wie auch für nutzenorientierte New Business-Ansätze, die sich mittlerweile etabliert und vielfach bewährt haben. Die Kreativität braucht es um festgefügte Denkmuster, Geschäftsmodelle und Marktstrukturen zu durchbrechen. Systematik braucht es, um die Kreativität zu kanalisieren und die Umsetzung zu gewährleisten, damit Konzepte für Neugeschäft nicht in der Schublade oder als Rohrkrepierer enden.

Kompetenzbasierter New Business-Ansatz
Ausgangspunkt für die Entwicklung von New Business über einen kompetenzbasierten Ansatz ist die Frage, wie vorhandene Marktzugänge, die Know-how-Basis und das eigene Leistungsspektrum in neuen Geschäften kapitalisiert werden können. Der erste Schritt dazu ist eine systematische und faktenbasierte Beschreibung der aktuellen Vertriebs- und Service-Aktivitäten für die vorhandenen Zielgruppen und Abnehmer. In einer Darstellung als Sales-Heat-Map werden so bereits erste „White Spots“ in der Marktbearbeitung sichtbar. Der zweite Schritt ist ein Quick-Check der Potenziale in der Produktion und Supply Chain. Denn die Erschließung von New Business ist nur dann sinnvoll, wenn ein guter Fit zu den gegebenen Fertigungskompetenzen und der Supply Chain besteht.

Die Suche nach Neugeschäften erfolgt dann über ein extensives Scannen von Branchen, Abnehmergruppen und Anwendungen, die zur Kapitalisierung der vorhandenen Marktzugänge, der internen Know-how-Basis und der Produktionskompetenzen geeignet erscheinen. Damit aus dieser Longlist eine Shortlist und zuletzt konkrete Zielmärkte werden, gilt es passende und aussagekräftige Attraktivitäts-, Fit- und Risikofaktoren zu definieren. Über mehrere Iterationen werden die identifizierten Zielbranchen dann anhand eines Scoring-Modells aus den Faktoren bewertet. Für die Shortlist-Kandidaten werden Branchen-Steckbriefe erstellt, die bereits Zielkunden, Erfolgsfaktoren aber auch kritische Markteintrittsbarrieren umfassen. Für die ausgewählten New Business-Märkte werden auf Basis der Steckbriefe erste robuste Maßnahmen zur Markterschließung und ggf. für den Abbau von Kompetenzlücken definiert.

Nutzenorientierter New Business-Ansatz
Ein nutzenorientierter New-Business-Ansatz setzt bei der Identifikation künftiger Bedarfe und veränderten Kundennutzen an, die über innovative Produkte und Leistungen gedeckt werden können. Es geht im Kern darum, durch die Verknüpfung von internem und externem Experten-Wissen zu Trends in Märkten, zu Technologien und relevanten Fokusthemen ein ganzheitliches Zukunftsbild zu definieren. Innerhalb dieses Zukunftsbildes sind dann systematisch mögliche Neugeschäfte zu beschreiben. In einer zweiten Phase werden die Ideen, ähnlich wie bei dem kompetenzbasierten Ansatz, dann schrittweise in Geschäftsmodellskizzen konkretisiert und bewertet.

Für die attraktivsten Geschäftschancen sind dazu die künftigen Erfolgsfaktoren ebenso zu beschreiben, wie das zugehörige Produkt- und Leistungsangebot und die avisierten Zielgruppen. In diesem Ansatz kommt meist ein breites Spektrum an Kreativitätstechniken und Methoden aus dem Innovationsmarketing zum Einsatz. Zusätzlich ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor ein operatives Projektteam, das in der ersten kreativen Phase alle Freiheitsgrade hat, auch unkonventionelle Ideen zu sammeln und zu diskutieren. Das Team muss sich als echter Chancen-Sucher verstehen und nicht als Problemseher, der die Unmöglichkeit einer Geschäftsidee nachweist.

Anschließend müssen Business Cases erarbeitet, bewertet und die vielversprechendsten Ansätze beschlossen werden. Alles ist vorbereitet für die Umsetzung und doch liegt hier noch das größte Hindernis: der Faktor Mensch. Für denjenigen Manager, der Verantwortung für das New Business-Projekt trägt, kann sich die Situation einsam anfühlen. Widerstände fangen in den obersten Etagen der Führungsstruktur an und eine harte Erklärungs- und Überzeugungsarbeit ist nötig, um das gesamte Management zu bewegen, wie zahlreiche Beispiele aus der Praxis zeigen. Auch bei den Mitarbeitern kann Veränderung – „Das Neue“ – Ängste und Blockaden verursachen. Auch liegt der Schlüssel zum Umsetzungserfolg darin viel und oft intern zu kommunizieren und auf den ersten Erfolgen aufzubauen.

Da sich insbesondere die digitalen Technologien exponentiell und der Faktor Mensch eher logarithmisch weiterentwickeln, wird ab einem gewissen Punkt eine organisatorische Veränderung notwendig. So ist in der frühen Phase noch ein internes Projektteam ausreichend. Bei der Umsetzung radikal neuer Geschäftsideen empfiehlt es sich jedoch, alternative Ansätze aus der Start-up-Welt, wie beispielsweise Inkubatoren, in Betracht zu ziehen. Zur Organisation solcher Teams hat sich agiles Projektmanagement bewährt. Gerade die Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern wird durch die agilen Grundprinzipien Fehlerkultur, Minimum Viable Products (MVP), Selbstverantwortung, Vertrauen und kontinuierliche Verbesserung gefördert.

Fazit
Die Entwicklung von New Business außerhalb des heutigen Kerngeschäfts erfordert die Kombination von Kreativität, Systematik und die Unterstützung des Top-Managements. Dies gilt gleichermaßen für ein kompetenzbasiertes wie für ein nutzenorientiertes Vorgehen. Auch wenn beide Ansätze unabhängig voneinander verfolgt werden können, ist nicht selten auch die Kombination einzelner Elemente aus beiden Ansätzen sinnvoll. Denn auch hier gilt: das Vorgehen muss zu den potenziellen Kunden und dem eigenen Unternehmen passen und nicht umgekehrt.
 
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Stephanie Meske
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