Die Digitalisierung und eine zunehmende Regulierung der Banken verändern derzeit das Finanzierungsumfeld. Die größten Auswirkungen werden sich auf Gesellschafterebene zeigen: Vor allem in Familienunternehmen wird die „richtige“ Finanzierung künftig die Basis für strategische Freiheitsgrade sein. Immer im Fokus: Der Aufbau von liquidem Eigenkapital. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie „Finanzentscheidungen von Familienunternehmen: Zwischen Wachstumschancen, Digitalisierung und Kapitalausbau“ der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH (W&P). Über 130 Entscheider in Familienunternehmen sowie 190 Finanzierer aus Banken und Sparkassen gaben schriftlich und in persönlichen Gesprächen Einschätzungen zu Besonderheiten der Finanzierung von Familienunternehmen ab.
Für 51 % der teilnehmenden Familienunternehmen stellt die digitale Transformation den größten Veränderungstreiber im Hinblick auf die zukünftige Finanzierung dar. Sie gehen davon aus, dass die Digitalisierung signifikante Auswirkungen auf die Cashflow-Ströme und somit auf den Finanzierungsbedarf haben wird. „Interessant ist in diesem Zusammenhang: Die verbleibende Hälfte der Unternehmen unterschätzt offensichtlich die Folgen der Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell und damit auch auf die Finanzierungserfordernisse“, schlussfolgert Volker Riedel, Partner und Finanzierungsexperte bei W&P.
Aufgrund der zunehmenden Regulierung der Banken und der damit einhergehenden Verschärfung der Bonitätsanforderungen, erwarten 42 % der Familienunternehmen einen erschwerten Zugang zu klassischem Fremdkapital. Aus Gesellschaftersicht steigt für 37 % der Studienteilnehmer somit die Bedeutung der Liquiditätsallokation außerhalb des operativen Geschäfts als Instrument der gesellschafterseitigen Risikovorsorge, z. B. auf Holding- oder Privatebene. Christian Groschupp, Studienleiter und Leiter des Competence Center Finance bei W&P: „Es setzt sich zunehmend die Meinung durch: Gute bilanzielle Eigenkapitalquoten, die in den letzten Jahren auf über 30 % gestiegen sind, bedeuten noch lange nicht, dass die Gesellschafter über liquides Kapital verfügen!“
Weitere Erwartung von fast 40 % aller befragten Entscheider: Der Anteil klassischer Fremdkapitalfinanzierung durch Banken und Sparkassen wird in ihrer Bilanz sinken und die externe Finanzierungslücke durch Fintechs (47 %) und den Kapitalmarkt (44 %) geschlossen werden. Aus der Sicht der teilnehmenden Bankenvertreter unterschätzen die Familienunternehmen damit jedoch insbesondere die Rolle der Fintechs (+28 %) und die Auswirkungen der Digitalisierung (+9 %). Aus ihrer Sicht besteht für Familienunternehmen zukünftig eine höhere Erfordernis zur externen Stärkung des Eigenkapitals über mezzanine Instrumente (+ 12 %) oder Private Equity (+ 9 %).
Fazit der W&P Studie: Ein ausgewogener Finanzierungsmix, der in den familiären und gesellschaftsrechtlichen Rahmen, zum Geschäftsmodell und in die Entwicklungsphase des Unternehmens (Wachstum, Nachfolge, Krise, etc.) passt, wird zum Erhalt strategischer Freiheitsgrade immer wichtiger. Gesellschafter sollten sich zunehmend wie externe Investoren verhalten. Der Aufbau von liquidem Eigenkapital außerhalb des operativen Geschäftes ist für die W&P Finanzierungsexperten Dreh- und Angelpunkt einer „Finanzierung 2020“.