Vertreibt das Absatz-Zwischenhoch 2014 endlich die Katerstimmung auf dem deutschen Biermarkt? Nein. Der leicht angestiegene Pro-Kopf-Konsum für Bier und Biermischgetränke von 106 Liter (2013) auf 107 Liter (2014) bremst die langfristige Talfahrt des Volksgetränkes nicht. Vielmehr prognostizieren die Branchenexperten bei Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) einen Rückgang des Bier-Ausstoßes im Inland von derzeit ca. 90 Mio. hl. auf ca. 87 Mio. hl bis 2025 - ein Fass ohne Boden. Hauptursache für das sinkende Konsumniveau ist die demographische Entwicklung, die einen sinkenden Inlandskonsum von bis zu 1,5 % jährlich prognostiziert. Die zunehmende gesellschaftliche Zurückhaltung gegenüber Alkohol aus diätetischen Gründen drückt die Zahl der Biertrinker zusätzlich nach unten. Lediglich Brauereien mit einem ausgeprägten Regionalprofil und Spezialisten können dieser Marktentwicklung trotzen und dem Sog des Übernahmekarussells entkommen:
"Eine Stagnation des Bierkonsums auf dem deutschen Markt bis 2025 ist unsere maximale Erwartung! Die Negativentwicklung der letzten Jahre wird sich zwar in der kommenden Dekade nicht linear fortsetzen, aber mit einem Rückgang auf ca. 82 bis 85 Mio. hl ist auf jeden Fall zu rechnen", so Jürgen-Michael Gottinger, Branchenexperte bei W&P. So wird zum einen die Konsumentengruppe der "Best Ager", die stets für guten Absatz sorgten, zunehmend kleiner und schlägt heute nur noch selten über die Stränge. Zum anderen steigt auch der Anteil der "Alkohol-Totalverweigerer" seit 2005. Konkrete Folge: Mehrmals pro Woche greifen immer weniger deutsche Konsumenten zum "kühlen Blonden".
Ein Blick über die Grenzen zeigt: Bier ist weltweit zwar ein Wachstumsmarkt, aber auch hier nehmen die Zuwächse bis 2025 ab. Vor allen in den Industrieländern kommt es zu einer Marktsättigung. Die Prognose von W&P: Nahm der weltweite Bierausstoß von 2005 bis 2015 um 25 % zu, werden es in den nächsten 10 Jahren nur noch 15 % sein. Deutsche Brauereien sind an diesem Erfolg trotz steigender Exportquote unterproportional beteiligt, da das Geschäft von internationalen Top-Playern wie ABInbev, SABMiller oder Heineken dominiert wird. Lediglich große Brauereien und Konzerne mit einem Ausstoß ab 100.000 hl pro Jahr haben in diesem Umfeld überhaupt Möglichkeiten, neue Märkte im Ausland zu erschließen und so die Verluste im Heimatmarkt zu kompensieren.
Chancen für mittelgroße Brauereien (Ausstoß von 5.000 - 100.000 hl) sowie Mikro- und Regionalbrauereien (Ausstoß bis 1.000 hl) sieht Branchenexperte Gottinger im Aufgreifen des Verbrauchertrends der Nachhaltigkeit und Regionalisierung. Die "Guerilla-Krieger" der Branche, die Microbreweries, machen es derzeit vor: Sie konnten sich auf regionalem Level der Preisvergleichbarkeit entziehen und ihren Ausstoß von 2006 bis 2014 auf 1,7% steigern, immerhin eine Zunahme von 30%. Gottingers Fazit: "Die Lokal-Strategie geht auf. Bier ist hierzulande ein regionales Produkt! Ein "Mehr-Positionierung-weniger-hl-Denken" ist zwar schwierig, aber in einem schrumpfenden Inlandsmarkt erfolgreicher als blinde Aktionitis", so Gottinger.
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