München, 23.11.2010

Effizienzdruck steigt fürs Krankenhaus - Auswirkungen des GKV Finanzierungsgesetz auf die akutstationäre Versorgung

Am Freitag den 12.11.2010 hat der Deutsche Bundestag das GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) beschlossen.

Ein wesentlicher Bestandteil des GKV-FinG ist die Stabilisierung der Ausgabenseite für akutstationäre, psychiatrische und psychosomatische Krankenhäuser. Für diese Einrichtungen bedeuten die Regelungen des GKV-FinG zum einen, dass die Ausgaben für das Leistungsvolumen dieser Einrichtungen insgesamt beschränkt werden. Ohne Eingriff des Gesetzgebers war vorgesehen, dass das Gesamtbudget für diese Einrichtungen um die sogenannte Grundlohnrate steigt. Hierbei handelt es sich um die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf vom 28.09.2010 des GKV-FinG wurde diese Budgetsteigerung auf die Hälfte der eigentlichen Grundlohnrate reduziert. Die Grundlohnrate wurde für das Jahr 2011 auf 1,15% festgesetzt und die Preissteigerungen der Krankenhäuser, entgegen dem ersten Entwurf, auf 75% der Grundlohnrate, d.h. auf eine Steigerung von 0,86%, angepasst.

Ergänzend zu den Begrenzungen der Erlössteigerungen werden ab 2011 Fallzahlsteigerungen, d.h. Leistungen welche im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich mit den Krankenkassen vereinbart wurden, nur noch zu 70% vergütet. Beide Maßnahmen führen zu einer reduzierten Budgeterhöhung von ca. 522 Mio. Euro in 2011 und ca. 444 Mio. Euro in 2012. Bezogen auf die Gesamtanzahl der Stationären Fälle in Deutschland können die Krankenhäuser mit einer durchschnittlichen Steigerung ihrer Erlöse um 28 Euro in 2011 und 27 Euro in 2012 je Patient rechnen. Die absoluten Kostensteigerungen betragen auf der Basis der betrachteten Jahresabschlüsse von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung ca. 776 Mio. Euro in 2011 und 809 Mio. Euro in 2012 Diese Erlössteigerung steht, trotz der Erhöhung gegenüber dem ersten Gesetzesentwurf, in keinem Verhältnis zu den Kostensteigerungen durch zu erwartende Tariflohnsteigerungen und der allgemeinen Inflation.

Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) hat auf der Basis von über 100 Jahresabschlüssen von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung das monetäre Ausmaß der Diskrepanz zwischen der reduzierten Erlössteigerung und den allgemeinen Kostensteigerungen für den einzelnen Patienten untersucht.

Es wurde dabei unterstellt, dass die Anzahl der Fälle mit 2,02% p.a. und die Personalkostensteigerungen mit 2,57% p.a. in den Jahren 2011 und 2012 konstant mit der durchschnittlichen Wachstumsrate analog der Jahre 2006 bis 2008 weiter ansteigen werden. Aufgrund des Fachkräftemangels und der zu erwartenden Lohnsteigerungen in anderen Branchen kann die Personalkostensteigerung als konservative Prognose angesehen werden. Weiterhin wurde für Material-aufwendungen und den Sonstigen Betrieblichen Aufwendungen eine Inflationsrate von 1,3% (Inflationsrate von Oktober 2009 bis Oktober 2010) unterstellt. Dies führt bei den betrachteten Krankenhäusern zu Kostensteigerungen je Patient von durchschnittlich 42 Euro in 2011 und 43 Euro in 2012. Je nach individueller Höhe des Anteils der Personalaufwendungen an der Gesamtleistung fällt die Kostensteigerung höher oder niedriger aus. Krankenhäuser mit einem höheren Anteil an Personalkosten im Vergleich zum durchschnittlichen Krankenhaus werden einen höheren Kostenanstieg je Patient haben. Dies betrifft tendenziell Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft.

Mit der durch das GKV-FinG beschlossenen reduzierten Erhöhung des Budgets für stationäre Krankenhausleistungen führt dies zu einem Kostenanstieg, der nicht durch Erlöse gedeckt, wird von 14 Euro in 2011 und 16 Euro in 2012 für jeden behandelten Patient. Für ein Krankenhaus mit beispielsweise 300 Betten bedeutet dies eine Differenz von 140.000 Euro in 2011 sowie 156.000 Euro in 2012.

Damit sich die wirtschaftliche Lage von Krankenhäusern nicht noch weiter verschlechtert - ca. ein Drittel der Krankenhäuser aus der W&P Bilanz-Benchmark-Datenbank weisen ein Defizit aus und ein weiteres Drittel erwirtschaften eine Umsatzrendite von weniger als 3% - sind die Krankenhäuser zum Handeln gezwungen. Frank Schmitz, Leiter Health Care bei W&P: "Auf die unternehmerische Realität eines 300 Betten Krankenhauses bezogen bedeutet dies, dass eine demografische bedingte Steigerung der Patientenzahlen sowie eine höhere Multimorbidität mit ca. 1,5 Ärzten oder ca. 3 Pflegekräften weniger versorgen werden müssen, um die wirtschaftliche Lage des Krankenhauses nicht weiter zu verschlechtern!"

Möglicherweise gelingt es ihnen zusätzliche Erlöse außerhalb des GKV-Budgets zu erzielen, beispielsweise mit der Behandlung von PKV-Patienten, in der ambulanten Versorgung oder der post-stationären Behandlung. Diesen Möglichkeiten der Erlössteigerungen sind allerdings natürliche und gesetzgeberische Grenzen gesetzt. Den überwiegenden Teil der aufgeführten Differenz von 14 Euro in 2011 bzw. 16 Euro in 2012 je Patient wird über Einsparungen in der medizinischen Behandlung ausgeglichenen werden müssen, um den Fortbestand der einzelnen Krankenhäuser zu gewährleisten: " Durch die steigende Anzahl an Patienten ist die real notwendige Effizienzsteigerung größer als die rechnerische. Dies ist nicht mehr durch weitere Effizienzsteigerungen in den nicht-medizinischen Bereichen zu realisieren. Nun rückt verstärkt eine Optimierung des medizinischen Kerngeschäftes in den Vordergrund. Hier besteht allerdings auch noch ein ausreichendes Potenzial, wenn sämtliche Prozesse in einem Krankenhaus auf den Patientennutzen hin überprüft werden würden", so Schmitz.
 
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