München, 15.11.2022

FMCG/Konsumgüter: Trendometer 2023

Was sind die angesagten Themen im Bereich FMCG/Konsumgüter im Jahr 2023? Auf einer Skala von 1-10: Welche Trends scheuchen die Player aus ihrer Komfortzone, welchen „Impact“ haben sie auf die Branche?

Die W&P Branchenexperten Dr. Timo Renz, Tilman J. Reiser & Dr. Martin Berger wagen eine Prognose – im Trendradar 2023.

Zeitenwende: CEO-Agenda erneuern! IMPACT 10
Die bisherige Stabilität in unserem Wirtschaftssystem ist aus dem Gleichgewicht geraten. In 2023 muss dem Top-Management in der FMCG-/Konsumgüterbranche ein Spagat gelingen: Einerseits sind operativ „brennende“ Herausforderungen zu lösen (z.B. Gesellschaften oder Mitarbeiter in Krisenregionen sichern, Produktions- und Lieferfähigkeit aufrechterhalten, Energieversorgung sicherstellen), andererseits sind langfristig ausgerichtete Transformationsentscheidungen vor dem Hintergrund mächtiger Veränderungstreiber (z.B. Nachhaltigkeit, Digitalisierung) zu treffen. Geführt vom CEO heißt es für das Top-Management in der Zeitenwende: aktiv voran gehen, Risiken minimieren und die Robustheit des Unternehmens stärken.

Kostenexplosion: Pricing den inflationären Zeiten anpassen! IMPACT 9
Die Kosten für Energie, Rohstoffe, Logistik, Verpackung etc. explodieren, Lohnkostensteigerungen werden erwartet und die Inflationsrate wird so bald nicht signifikant sinken. Je nach Segment in der der Konsumgüterbranche können massive Anpassungen im Pricing erforderlich werden, was zusätzlicher „Zündstoff“ für die Verhandlungen zwischen Industrie und Handel sein kann. Doch: Unternehmen müssen jetzt entsprechende Pricing-Modelle entwickeln, die einerseits eine Weitergabe der gestiegenen Kosten gewährleisten, andererseits aber auch dem Aspekt der preislichen Wettbewerbsfähigkeit Rechnung tragen. Die größte Herausforderung: Viele Handelnde betreten absolutes Neuland, doch Zeit- und Ergebnisdruck erlauben kein „Trial & Error“. Nur wer jetzt rasch und richtig agiert, kann sein Ergebnis trotz Inflation und Konjunktureintrübung sichern.

Alternative Proteine: Chancen nutzen! IMPACT 8
In Anbetracht der wachsenden Weltbevölkerung, schwindenden natürlichen Ressourcen und einer signifikanten Erderwärmung auf der einen Seite, und wachsender Nachfrage, vor allem in Entwicklungsländern, auf der anderen Seite, kann der Proteinkonsum in den Industrieländern (Fleisch und Milchprodukte) in seiner heutigen Form, nicht bestehen bleiben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Wachstumsprognosen der letzten Jahre im Bereich des Fleisch- und Milchersatzes explodieren. Wenngleich es in diesem Segment aktuell zu einer Konsolidierung kommt, sind alternative Proteine ein Wachstumsmarkt, der vor allem eine junge Zielgruppe anspricht und auch in Zukunft interessante Potentiale für Startups, aber auch etablierte Player bringt. Gerade etablierte Lebensmittelhersteller müssen darauf achten nicht von den „First-Movern“ abgehängt zu werden, welche sich derzeit mit den Schlüsselherausforderungen, die mit alternativen Proteinen einhergehen, wie Geschmack, Textur, Clean-Label und Konsumentenakzeptanz beschäftigen. Etablierte Firmen sollten sich aktiv am Diskurs beteiligen, ihre Produkt- und Produktionserfahrung mit einbringen und somit als relevante Industriepartner gegenüber Start-ups, der Forschung, Kapitalgebern und weiteren Stakeholdern positionieren.

Metaverse: „Readiness“ überprüfen! IMPACT 8
Das Thema “Metaverse” sorgt für kontroverse Diskussionen: Wo die einen einen Trend sehen, der unseren Alltag verändern wird, sprechen andere von einem einen überzogenen Hype. Doch gerade der Handel sieht überwiegend Potenziale durch das Metaverse (EHI Retail Institute veröffentlichten Studie überwiegen bei der Einschätzung von Händlern beim Thema Metaverse die Potenziale. So sind fast 80% der Meinung, dass Marketingziele durch eine Metaverse-Präsenz verfolgt werden können, 2/3 glauben, dass ökonomische Ziele durch das Metaverse erreicht werden können. Der tatsächlich erreichbare Nutzen durch das Metaverse hängt vom genauen Geschäftsfeld und der Unternehmens-DNA ab. Vor diesem Hintergrund sollte die “Metaverse-Readiness” eines Unternehmens individuell überprüft werden. Der Abgleich von Zielgruppen- und Unternehmensstrategie mit den Nutzern, Chancen und Trends des Metaverse, erlaubt der Unternehmensführung einen qualifizierten Standpunkt einzunehmen. Diese können sein: Im Metaverse starten First Mover Advantages realisieren oder (vorerst) bewusst keine Ressourcen in den Aufbau einer Metaverse-Präsenz investieren.

Black Swan-Events: Business Continuity Management etablieren! IMPACT 7
In einer Welt geopolitischer und energieversorgungstechnischer Unsicherheiten müssen Konsumgüterhersteller Präventivmaßnahmen entwickeln, um die Produktions- und Lieferfähigkeit weiter abzusichern, nachdem der Handel hier in den letzten Monaten schon weitläufige Forderungen an seine Lieferanten gestellt hat. Klassische Risikoanalysetools, die sich auf wahrscheinliche Risiken im direkten Umfeld fokussieren, stoßen an ihre Grenzen, denn: sie lassen Black Swan Events außer Acht. Statt nach jedem unvorhersehbaren Ereignis überrascht in den Krisenmodus zu schalten, gibt Business Continuity Management (BCM) Unternehmen einen „präventiven Notfallplanplan“ zum Schutz vor existenzbedrohenden Gefahren an die Hand. Mit Hilfe von Szenarien, die spezifisch für das jeweilige Unternehmen und in der respektiven Wertschöpfungskette der Konsumgüterbranche erarbeitet werden, lassen sich alternative Handlungsabläufe entwickeln. Bei der Einführung von BCM sollte darauf geachtet werden, kulturkompatibel und pragmatisch vorzugehen, um nicht durch die Angst vor einem Bürokratiemonster die sinnvollen BCM-Aktivitäten im Keim zu ersticken. BCM hilft dann, die gesamte Wertschöpfungskette von FMCG-zulieferern und -produzenten robuster und zuverlässiger zu machen und generiert einen kommunizierbaren und ggf. auch monetarisierbaren Wettbewerbsvorteil, in dem man sich als zuverlässiger und lieferfähiger Partner positioniert.
 
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Dr. Timo Renz
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