W&P Kommentar
München, 12.05.2022

Stürmische Zeiten - Radar unerlässlich

Kommentar von Daniel Emmrich, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Wieselhuber & Partner
Daniel Emmrich
Partner 

Der CFO ist aktuell gefragt wie nie – der „Zahlenmensch“ wird nicht nur strategischer Sparringspartner, sondern auch oberster Risikomanager im Unternehmen. Lieferketten, geopolitische Sanktionen, Beschaffungsengpässe, steigende Energiepreise und anhaltende Effekte aus der Pandemie bestimmen derzeit nicht nur die internationale Berichterstattung, sondern stellen insbesondere für Unternehmen große Herausforderungen dar. Die Risikofaktoren für Unternehmen und deren Geschäftsmodell haben deutlich an Vielzahl und Komplexität gewonnen. Ein Blick auf aktuelle Bilder des Hafens in Shanghai sowie erste Anzeichen eines Lockdowns in Peking versprechen keine schnelle Entspannung von globalen Lieferkettenschwierigkeiten. All diese Risiken zu quantifizieren und deren Einfluss auf das operative Geschäft zu beurteilen, ist eine zentrale Aufgabe des CFOs.

Die Risikofaktoren sind nicht neu – ihr Einfluss aber steigt
Das ein Unternehmen einer Vielzahl von Risikofaktoren – sowohl externer als auch interner Natur – ausgesetzt ist, ist nichts neues. Allerdings nimmt die Anzahl bzw. die Vielfalt der Faktoren mit deutlichem Einfluss auf das operative Geschäft, die Liquidität und die Verschuldungsrelationen deutlich zu. Deshalb ist es notwendig diese Faktoren eindeutig zu identifizieren und zu bewerten. Durch eine kritische Risikobeurteilung hinsichtlich der Relevanz für das eigene Geschäft, ist es allerdings noch nicht getan. Die Risikofaktoren müssen bezüglich der €-Effekte auf GuV und Bilanz klar quantifiziert werden.
Die Bandbreite der Beurteilung kann dabei von „robust“ bis „existenzbedrohend“ reichen. Deshalb ist es wichtig in Abhängigkeit der Skala umsetzungsfähige Maßnahmen abzuleiten und deren Umsetzung sicher zu stellen.

Aufgrund der Vielzahl von potenziellen Bedrohungen ist es ratsam, die Einzelbewertungen in ein Ordnungsschema zusammenzuführen. Dadurch kann sowohl für die GuV als auch für die Bilanz eine „Resilienz-Positionierung“ ermittelt werden. Fasst man die Blickwinkel von GuV und Bilanz zu einem „Gesamtrisikoprofil“ zusammen, wird man erkennen, ob man strategisch über eine Zukunftsstrategie zur Optimierung der Markt- und Wettbewerbssituation oder über eine „Vermeidungsstrategie“ zur Existenzsicherung nachdenken muss.

Statische Risikomodelle führen aktuell zu Fehleinschätzungen – iterative Verfahren sind der Schlüssel zum Erfolg
In Zeiten, in denen sich die Ereignisse weltpolitisch täglich überschlagen, verändern sich auch die Risikopotenziale kurzfristig. Deshalb müssen im Rahmen eines Risikoradars Simulationen vorgenommen werden. Denn auch wenn ein Unternehmen heute robust und sicher positioniert ist, kann sich dies durch eine veränderte Bewertung oder durch langanhaltende Belastungen deutlich verändern. Deshalb muss eine Simulation immer unter Annahme von „Was wäre, wenn“ Kriterien erfolgen. Dadurch kann iterativ ermittelt werden, wann ein Unternehmen auf der „Kippe“ steht, d.h. wann die Bedrohung existenziell wird.

Durch die Schnelllebigkeit sollte eine Bewertung rollierend in Abhängigkeit der Ausgangssituation vollzogen werden. Da bei jeder Bewertung Maßnahmen zur Reduzierung zu definieren sind, gewinnt das Unternehmen schnell an Handlungsspielraum, denn: Die Gefahr „unvorbereitet“ in ein Risiko zu laufen, nimmt deutlich ab.
Durch den Aufbau und die kontinuierliche Nutzung eines professionellen Risikomanagementtools, das auf eine hohe Bandbreite an Faktoren ausgelegt ist, behält das „Multi-Talent“ CFO auch in stürmischen Zeiten die Oberhand und meistert auch die Rolle des „obersten Risikomanagers“ im Unternehmen. Parallel dazu legt er mit dem rollierenden Risikoradar die Grundlage für eine Bewertung von strategischen Handlungsoptionen, die ihn als strategischer Sparringspartner des CEO positioniert.
 
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