W&P Kommentar
München, 11.03.2014

Russisches Roulette, oder: Wie Anleihezeichner den Kopf in den Sand stecken

Ein Kommentar von Volker Riedel, Partner bei Dr. Wieselhuber & Partner
Volker Riedel
Partner 

Klar - das Bankengewerbe hat zurzeit nicht den besten Ruf. Einerseits ist es getrieben von vielen neuen, sicher sinnvollen Regularien zur Bilanzpolitik. Andererseits wird es vom unweigerlichen Zwang der Branchenmechanik getrieben sich schlanker und prozessorientierter aufzustellen.
Kostenbelastungen von Basel III müssen verarbeitet werden und auch die Strukturreform des Filialgeschäfts sowie ein Ergebnisverfall durch das niedrige Zinsniveau, eine zunehmend verflachende Zinsstrukturkurve und die damit verbundene Erosion der Fristentransformation drücken auf das Ergebnis. Hinzu kommen die höheren Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung und Liquidität.

Die Konsequenz aus dieser Entwicklung? Alle Banken und Sparkassen nehmen das Geschäft mit Firmenkunden und vermögenden Privatkunden in den Fokus. Ein Gleichlauf, der wegen seiner hohen Wettbewerbsdynamik für die Branche auch nicht gesund ist.

Aus Sicht des Firmenkunden herrscht auf den ersten Blick ein perfekter Nachfrager-Markt - aber eben nur auf den ersten Blick. Denn gerade die erhöhten Anforderungen lassen die Banken scharf zwischen guten und schlechten Bonitäten selektieren. Diese Selektion drückt sich unter anderem in massiven Zinsunterschieden aus, die aus der Risikobewertung oder auch in einem restriktiven Management des Engagements resultieren. Gleichzeitig verändern die geringen Zinsertragsmöglichkeiten die Risikobereitschaft der Anleger. Das bedeutet: Die Liquidität kommt mit höherer Risikobereitschaft in den Markt. Und damit beginnt das russische Roulette - insbesondere für die Unternehmen, die Probleme mit ihrer Bonität oder generell mit der Passivseite haben.

Für die Geschäftsführung und Gesellschafter bietet sich im aktuellen Marktumfeld natürlich die Chance bestehende Finanzierungen abzulösen. Damit entgeht man der gefühlten Gängelei durch aktuelle Finanzierungspartner. Doch was im ersten Moment Erleichterung verschafft - ist es tatsächlich gelungen einen Anleihezeichner zu finden - wird schnell zu einer tickenden Zeitbombe. Denn die Uhr läuft unaufhaltsam auf den Fälligkeitsstichtag hin und die Zeichner stecken bis dahin den Kopf in den Sand. Ohne stabiles und nachhaltiges Geschäftsmodell ist ein böses Erwachen am Fälligkeitstag programmiert - Beispiele am Markt gibt es derzeit zu Hauf. Reihenweise platzen die Anleihen. Anleihen, die zu kurze Laufzeiten hatten; Anleihen von Unternehmen, die mit Mitarbeitern Probleme hatten; Gelder, die zweckentfremdet eingesetzt wurden.

Es gibt viele Gründe, warum das Geld vernichtet wurde. Es gibt aber nur einen Grund, warum es überhaupt dazu kommen musste: Ein nicht funktionierendes Geschäftsmodell wurde durch einen glänzenden Unternehmensprospekt oder eine starke Marke überstrahlt. Und der Ausweg? Ertragsorientierung und nicht finanzielles Fluchtverhalten! Statt Anleihe oder endfällige Finanzierungsform muss das eigene Geschäftsmodell auf eine überdurchschnittliche Ertragsbasis gestellt werden. Denn Umschulden nimmt zwar den aktuellen Druck, aber am Ende der Laufzeit bekommt man vom Finanzierer nicht nur einen Schuss vor den Bug - vielmehr wird die Problemlösung dem Anwalt überlassen, der dann häufig leider der Insolvenzverwalter ist.
 
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