Die Fashion-KundInnen sind aktuell in ihrem Konsum stark verunsichert und haben gleichzeitig höhere Ansprüche – das treibt die interne Komplexität bei Modeunternehmen. Parallel führen höhere Kosten (insb. bei Beschaffung und Personal) zu sinkenden Erträgen, was in der Konsequenz auch die Finanzierungssituation verschlechtert. Die Aufgabe ist es nun, bei allem Handlungsdruck, den Fokus auf die vorhandenen Chancen zu richten und operativ tragfähige Lösungen zu entwickeln. Welchen Impact in dieser Situation Partnerschaften auf Augenhöhe haben, stand im Mittelpunkt des 3. Executive Dialog Fashion von Dr. Wieselhuber & Partner GmbH (W&P) in Kooperation mit dem Serviceverband unitex, dem Hersteller Brax sowie dem Handelsunternehmen Breuninger.
Ausgangspunkt muss immer eine „ehrliche Standortbestimmung“ sein, so Philipp Trompeter, Senior Manager des W&P-Teams Fashion, Beauty & Lifestyle, der dann in seinem einleitenden Vortrag ganz konkrete Maßnahmen vorstellte, die aktuell Priorität auf der Top-Management-Agenda haben sollten: „Für mich sind das ganz klar die Steigerung der Operational Excellence im Sinne von Raumkosten, Personal, Warenmanagement und Supply Chain, der Effizienzboost im Marketing durch Nutzung von KI-Tools sowie ESG als Mittel der Differenzierung zu sehen und nicht nur für Compliance-Zwecke.“
In diese Richtung argumentierte auch Xaver Albrecht, Geschäftsführer des Serviceverbands unitex, der gerade im Feld der Prozessoptimierung deutliche Potentiale der Zukunft in der Branche sieht: "In Zeiten, in denen allen immer noch Personal auf der Fläche fehlt, müssen erst recht alle Prozesse im back end und front end auf den Prüfstand und verschlankt werden – von der Buchhaltung, übers Vertragswesen bis hin zu den Prozessen in Richtung Kunde“
Für Benjamin Fuest, Mitglied der Unternehmensleitung für Verkauf und Personal bei Breuninger, liegt in der Gestaltung der Prozesse in Richtung Kunde eine große Chance, da sich das Kundenverhalten doch fundamental verändert hat: „Handel hat sich sowohl stationär als auch online stark verändert und wird zusehends weniger rein transaktional und bedarfsgetrieben. Für Menschen ist Shopping mehr eine Freizeitbeschäftigung und sie wollen emotional und anlassbezogen abgeholt werden. Dabei ist es in der Zusammenarbeit zwischen Händler und Lieferant wichtig, auch einen guten Anteil Trends und Newness im Sortiment zu bringen und diese Ready-to-Wear zum richtigen Zeitpunkt anzubieten und zu pushen. Oder auch die Kunden beispielsweise mit exklusiven Kapseln und Special Collections zu locken. Ebenso spielen gemeinsam kreierte Erlebnisse über Eventformate und besondere Aktionen eine wichtige Rolle.“
Sind diese Herausforderungen alleine zu stemmen? Klares Credo, dass nein. Es gilt in diesen krisenhaften Zeiten stärker zusammenrücken, so Marc Freyberg, Geschäftsführer des Herstellers Brax, der neben dem Committment zu gemeinsamen Regeln des Miteinanders auch eine überragende Datenqualität fordert, um die gestiegenen Erwartungen der Kunden treffen zu können – alles unter einer Prämisse: „Nicht Unternehmen machen Marken, sondern Menschen machen Marken, deshalb ist die Voraussetzung für eine gute Partnerschaft gerade in Krisenzeiten offene Kommunikation auf Augenhöhe.“ Nur so könne beispielsweise auch gemeinsam ausgebrochen werden aus dem alljährlichen Zyklus der Ordnersituation zum frühesten Zeitpunkt, sodass die Performance im Sinne der LUG und Abverkaufsquoten gesteigert wird.
Die abschließende Podiumsdiskussion zeigte: Alle Kooperationsmodelle, ob Own-buy, Depot oder Full Concession bieten die Möglichkeit, den Umsatz zu pushen, wieder aktiver am Markt und direkter am Kunden zu sein. Aber einerseits passt nicht jedes dieser Modelle zu jedem Unternehmen und andererseits bleibt es Aufgabe des Händlers den Kunden entlang seiner Customer Journey konsequent abzuholen. Die aktuell großen Herausforderungen werden nach Meinung von Manuel Farrokh, Gastgeber und Leiter des Geschäftsbereichs Fashion, Beauty & Lifestyle bei Dr. Wieselhuber & Partner, erst dann zur Chance, „wenn sie gerade in widrigen Rahmenbedingungen durch starke Partnerschaften von Handel und Herstellern gemeinsam angegangen werden – ohne dabei die ganz operativen, akuten Hausaufgaben wie Operational Excellence, Time-to-Market, KI und ESG zu vernachlässigen.“